Über die Kampagne

Am 25. Oktober 2014 hat der Hauptausschuss des Landesintegrationsrates NRW die Initiative des Vorstandes mit seinem Beschluss bestätigt, die Kampagne „HIER, wo ich lebe, will ich wählen!“ erneut auf den Weg zu bringen. Bereits in den Jahren 2007-2009 wurde die gleichnamige Kampagne zusammen mit weiteren Landesorganisationen mit dem Ziel gestartet, die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle Ausländerinnen und Ausländer auf Bundesebene zu erreichen.
Die aktuelle Kampagne wird vor dem Hintergrund der Beratungen der Verfassungskommission des Landtags NRW durchgeführt, die Vorschläge zur Änderung der Nordrhein-Westfälischen Verfassung erarbeitet. Der Landesintegrationsrates NRW sieht in der geplanten Verfassungsreform die einmalige Gelegenheit, das kommunale Wahlrech für alle Migrantinnen und Migranten in NRW einzuführen.

Neben dem Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen sind folgende Organisationen und Verbände die Initiatoren der Kampagne:

•    DGB Nordrhein-Westfalen
•    Freie Wohlfahrtspflege NRW
•    Landesjugendring NRW
•    Landesschülervertretung NRW
•    Landesseniorenvertretung NRW

Hintergrund der Kampagne:

Der Europarat und das Europäische Parlament fordern seit langem, allen rechtmäßig in einem Land lebenden Menschen, das aktive und passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene einzuräumen.

Praxis in europäischen Ländern
In 15 europäischen Ländern haben Migrantinnen und Migranten zum Teil schon lange das Recht, die Kommunalparlamente mitzuwählen.

Hier einige Beispiele:
1974 führte Dänemark das Wahlrecht für Nicht-Dänen ein. Ausländische Staatsbürger und -bürgerinnen haben auf lokaler wie regionaler Ebene das aktive und passive Wahlrecht.
Schweden führte das Kommunalwahlrecht für Ausländer 1975 ein. Europaweit einzigartig ist die Berechtigung, die Provinziallandtage mitzuwählen.
Großbritannien gewährt Staatsbürgern der Commonwealthländer sowie Irlands nicht nur auf kommunaler Ebene das Wahlrecht. Sie dürfen auch ohne britische Staatsbürgerschaft die Mitglieder des Parlaments mitbestimmen
In Irland ist das kommunale Wahlrecht seit 1963 nicht an die Staatsbürgerschaft, sondern allein an den legalen Aufenthaltsort gebunden. Bereits nach sechs Monaten können Migranten im Inselstaat politisch mitbestimmen.
Die Niederlande gewähren seit 1985 allen Ausländern, die seit mindestens 5 Jahren im Land leben, das aktive und passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene.

Der Landtag NRW hat eine Kommission zur Reform der Nordrhein-Westfälischen Verfassung eingerichtet. Wir fordern den Landtag auf, im Rahmen dieser Novellierung politische und rechtliche Lösungsansätze zum kommunalen Wahlrecht zu finden.

Wir fordern das kommunale Wahlrecht, weil:
die meisten Migrantinnen und Migranten schon seit vielen Jahren in den Städten unseres Landes leben. Viele
sind hier geboren. Sie identifizieren sich mit „ihrer“ Stadt und engagieren sich gesellschaftlich vor Ort.
demokratiefreie Zonen in Städten entstehen können. In Vierteln, in denen immer größere Bevölkerungsteile nicht wählen dürfen, verlieren Räte ihre Legitimation.
Integration nur über politische Beteiligung gelingt! Als Subjekte der Politik können und wollen Migrantinnen und Migranten über die Zukunft der Städte und Gemeinden mitbestimmen.
sich Migrantinnen und Migranten im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes schon längst in den Mitbestimmungsgremien der Unternehmen beteiligen.
politische Rechte für Migrantinnen und Migranten die lokale Demokratie gegen rechtsradikale Tendenzen stärken!
Ungleichbehandlung von nichtdeutschen Staatsangehörigen aus unterschiedlichen Herkunftsstaaten nicht
länger hingenommen werden darf. Sie ist nach unserem Verständnis nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Der
Ungleichbehandlung muss ein Ende gesetzt werden.
Pflichten, wie hier Steuern zu zahlen, an Rechte wie das Wahlrecht geknüpft sein müssen.
Einbürgerung keine Alternative zum kommunalen Wahlrecht ist. Der Lebensgeschichte der Migrantinnen und
Migranten entsprechend sollte die generelle Mehrstaatigkeit endlich akzeptiert werden.

Schon in den Jahren 2007-2009 haben 32 Städte in NRW Ratsbeschlüsse für die Einführung des kommunalen Wahlrechts gefasst. So beispielsweise auch Oberhausen mit den Stimmen aller Fraktionen im Stadtrat.

Positionen der Parteien in NRW
Die Parteien in NRW haben bereits in ihren Programmen zu diesem Thema Stellung genommen. Die SPD Fraktion forderte 1989 in einer aktuellen Stunde im Landtag das kommunale Wahlrecht für alle Ausländer.
Bei der CDU zählen Prof. Dr. Rita Süssmuth, Heiner Geissler, Petra Roth, ehemalige Oberbürgermeisterin von
Frankfurt a. M., und Fritz Schramma, ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Köln, zu den Persönlichkeiten, die das kommunale Wahlrecht für alle fordern. Auf der Internetseite der GRÜNEN NRW heißt es unter
dem Titel Kommunales Wahlrecht auch für Nicht-
Europäer*innen: „…Es geht um Menschen, die seit Jahren legal in Deutschland leben, hier arbeiten und Steuern zahlen… Der einzige Unterschied ist, dass diese Bürgerinnen und Bürger die Angelegenheiten ihrer Kommune nicht mitbestimmen dürfen. Diesen Umstand wollen wir GRÜNEN ändern.. .“ Die FDP NRW äußerte sich im Vorfeld der Kommunalwahl 2014 in ihrem Programm wie folgt: „Wir wollen, dass sich Einwanderer aktiv in der Politik vor Ort engagieren. Nach wie vor setzen wir uns dafür ein, dass Einwanderer, die sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, das kommunale Wahlrecht bekommen.“ Die PIRATEN im Landtag NRW haben am 11.06.2013 einen Antrag zur Einführung des kommunalen Wahlrechts auch für Nicht EU-Bürgerinnen und Bürger gestellt. Es ist erkennbar, dass über alle Parteigrenzen hinweg das kommunale Wahlrecht gefordert wird und eine große Chance zu seiner Einführung besteht. Diese Chance muss jedoch von der Politik ergriffen und genutzt werden. Der Ansatz kann in NRW nur der sein, das kommunale Wahlrecht für alle auf der Landesebene rechtlich zu verankern und die gleichberechtigte politische Teilhabe in der Kommune für alle zu ermöglichen.